Yeye is a deep reckoning of a modern era that is entangled with colonial histories, mothers and the ocean.
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Yeye (2021) pays homage to Yemayá, the goddess of the sea and motherhood in the Yoruba pantheon. In her latest performance work, created for the camera, choreographer and performer Lois Alexander explores the afterlife of slavery and the reverberations on our present. In the novel, Beloved, writer Toni Morrison, opens up reflections on love, trauma and memory when a mother is driven to commit an unspeakable act. Influenced by Morrison’s writing style and drawing on her research into representations of Black mothers in mythology, Lois creates her own language of blending personal narrative, historicity and spirituality. Looking at icons such as the Black Madonna, Lois investigates the processes of syncretization (the blending of different religious views) and unveils their implications.
Multi-layered tensions become palpable through the touching of, sensing with, and remembering through different materials and incorporates them into an embodied patchwork to attend to healing gestures. Yeye uses performance to practice strategies of refusal and resistance. Yeye is a deep reckoning of a modern era that is entangled with colonial histories, mothers and the ocean. What are the temporalities of a racialized body, one that is marked by visible and invisible wounds? What can be healing? Yeye explores memory, traces and notions of a motherland, moving through different levels of video, text and performance.
“The past is neither inert nor given. The stories we tell about what happen then, the correspondences we discern between today and times past, and the ethical and political stakes of these stories redound in the present. If slavery feels proximate rather than remote and freedom seems increasingly elusive, this has everything to do with our own dark times. If the ghost of slavery still haunts our present, it is because we are still looking for an exit from the prison.”
— Lose Your Mother by Saidiya Hartman
Eine Schwarze Madonna auf den Spuren ihres Körpers
Yeye von Lois Alexander hatte als Filmversion in Berlin Premiere
Veröffentlicht am 09.07.2021, von Greta Haberer
Berlin – Eine Frau, ganz in weiß gekleidet, kniet an einem Fluss. Ihre Silhouette spiegelt sich an der dunklen Wasseroberfläche und ihre Gestalt leuchtet in der sie umhüllenden Dunkelheit. Eine Aura des Magischen umgibt sie. Ein Rauschen liegt in der Luft. Es könnte Regen sein, der auf das Blätterdach eines tropischen Waldes prasselt, oder ein Insektenschwarm. Vielleicht befindet sie sich aber auch in der Unterwelt. Es bleibt dem Publikum überlassen, was es mit all den kraftvollen Bildern anstellt, die an diesem Abend kreiert werden.
Die Performance “Yeye” von Lois Alexander war als Live-Performance gedacht, wurde aber nun für die Kamera konzipiert und hatte in Zusammenarbeit mit den Sophiensaelen in Berlin im Kino in den Hackeschen Höfen Premiere. Alexander, die auch selbst performt, setzt sich darin mit transatlantischem Sklavenhandel, Mythologie, Religion und der Schwarzen Madonna auseinander. Trotz dieser schwer lastenden Themen kommt die Choreografie ganz ohne gewaltvolle Bilder und Assoziationen aus, sondern zielt eher auf die Kraft der Göttin Yemayá und ihrer Verbindung zwischen Natur, Mutterschaft und Schwarzer Identität.
Im Einklang mit Licht, Raum und Sound wirkt die Performerin wie ein magisches und spirituelles Wesen. Sie strahlt unglaubliche Ruhe und Kraft aus. Ihre Bewegungen sind fein und klar und energetisch, ohne große dramatische Gesten. Immer wieder liegt sie auf dem Boden, um sich dann wieder aufzurichten – ein Zeichen von Resistenz. Sie kriecht und schlängelt sich. Es sieht aus, als würde sie selbst wie Wasser fließen. Sie ist auf der Suche nach etwas: Vielleicht sind es verloren geglaubte Angehörige, vielleicht ihr eigener Körper. Manchmal blickt sie direkt in die Kamera. Das sind kurze intime Momente. Die Körperlichkeit, ohne den Körper direkt in den Vordergrund zu rücken, ist beeindruckend. Dass die Kamera dabei so nah an sie heran darf, ist ein großer Vorteil und verstärkt die magische Energie, die von Lois Alexander ausgeht. Es gibt einen Moment, da blickt sie selbst auf ein Bild von sich als Göttin. Vor einem glühenden Hintergrund bewegt sie langsam ihren Kopf, der mit goldenem Schmuck behängt ist. Hier verschwindet alles Weltliche, was vorher vielleicht noch da war.
Die gesamte Performance ist eine perfekte Komposition aus Bewegung, Licht, Klang, Farben und Kameraführung (Kamera: Kimani Schumann). Das Bühnenbild, von Nina Kay, aus zusammengenähten Stofffetzen, schafft es, die Sophiensaele in einen magischen Ort zu verwandeln. Sie erschafft einen Regenwald, eine Höhle, Wüsten, Nässe und Hitze. Es ist beeindruckend mit welch scheinbar einfachen Mitteln Nina Kay dies gelingt. Auch der Sound von Shannon Sea ist perfekt darauf abgestimmt. Ihre dunklen Töne, das Rauschen und Knacken, kreieren eine teils düstere, aber nicht unangenehme Atmosphäre. Die Klänge scheinen von irgendwo aus der Tiefe zu kommen und geben Lois Alexander eine mythische Aura. Wenn sie am Ende vor einer leuchtend gelben Sonne im Nebel tanzt und die Strahlen aus ihr heraus zu leuchten scheinen, wird das elektronische Rauschen von Saxophonklängen unterstützt. Das alles ist schlichtweg wunderschön anzusehen und anzuhören.